Das Terroir kann einen großen Einfluss auf den Geschmack einer Tasse Kaffee haben: Wie ist der Boden beschaffen, in dem die Kaffeepflanzen wachsen? Wie viele Sonnenstunden gibt es während der Erntezeit? Wie hoch ist die Niederschlagsmenge? Was wird links und rechts neben dem Kaffee angebaut? All diese Faktoren beeinflussen den Kaffeeanbau und den Charakter, den ein Kaffee aus einer bestimmten Region am Ende hat.
Beim Wein können wir klar unterscheiden zwischen Riesling, Chardonnay oder Pinot Noir. Wenn Sie Weintrinker sind, dann behalten Sie diese Analogie gerne im Hinterkopf für die folgende Frage. Wie beim Weinanbau auch, gibt es beim Kaffeeanbau verschiedener Sorten oftmals nicht nur Unterschiede zwischen verschiedenen Ländern, sondern schon zwischen verschiedenen Anbaugebieten und Regionen innerhalb eines Landes.
Indonesien ist als größter Inselstaat der Welt ein gutes Beispiel dafür: Alleine schon die Erntezeit unterscheidet sich von Insel zu Insel. Während in den Anbaugebieten von Nordsumatra und Aceh zwei Mal im Jahr (Oktober – Dezember, März – Mai) geerntet werden kann, ist es auf Bali beispielsweise nur von Juni bis September möglich. Die unterschiedlichen klimatischen Gegebenheiten sorgen hier dafür, dass jedes Anbaugebiet dem Kaffee durch seine äußeren Anbaubedingungen einen eigenen Charakter verleiht. „Den“ Kaffeeanbau in Indonesien gibt es somit nicht.
Im Alltag nehmen viele diese einzigartigen Geschmacksprägungen jedoch oft nicht wahl. “Auf handelsüblichen Kaffeeverpackungen erfahren die Verbraucher oft nicht, woher der Kaffee kommt. (…) Eine Packung Kaffee enthält oft fünf bis zehn Kaffees aus verschiedensten Anbaugebieten.” heißt es auf der Seite der Stiftung Warentest. Diese Durchmischung führt dazu, dass kaum jemand – der nur ab und zu eine Tasse Kaffee im Büro oder beim Bäcker um die Ecke trinkt – sagen kann: “Ah, das ist ganz klar ein Kaffee aus Brasilien.” oder “Ich trinke am liebsten die Röstungen aus dem Vietnam.” Wer Single Origins trinkt, kann einem klaren Geschmacksprofil pro Region da schon näher kommen.
Sobald man das günstige Preissegment im Supermarkt verlässt, wird schnell klar, dass qualitativ hochwertige Anbieter selbstverständlich angeben können, aus welchem Land und Anbaugebiet der Kaffee kommt – und auch geschmackliche Unterschiede zwischen Länder(-gruppen) benennen können. Auch beim eigenen Verkosten haben Sie vielleicht schon einmal festgestellt, dass Kaffees aus bestimmten Regionen milder, nussiger, fruchtiger oder schokoladiger sind. Einige Kaffees sind in ihrer Anbau- und Aufbereitungsart so einzigartig, dass man sie mit etwas Übung auch blind zuordnen kann: Kaffees der Varietät Gesha oder gewaschene kenianische Kaffees gehören zum Beispiel dazu. Wenn Kunden fragen, welchen Einfluss die Anbauregion auf den Geschmack hat, sagen unsere Baristi schon mal Dinge wie “Afrikanische Kaffees sind tendenziell fruchtbetonter als Kaffees aus Südamerika..” Doch bevor wir schon jetzt so sehr ins Detail geben, haben wir eine kleine Übersicht vorbereitet, um einmal die wichtigsten Faktoren vorzustellen, die den Kaffeeanbau und Anbaugebiete charakterisieren.
Wie unterscheiden sich Anbaugebiete?
Kaffee ist ein Produkt der Natur, daher sind vor allem klimatische Veränderungen in den Anbaugebieten der Grund, warum der Rohkaffee aus einer Region von Jahr zu Jahr bzw. von Anbau zu Anbau leicht unterschiedlich schmeckt.
1. Sonnenstunden
Die besten Anbaubedingungen für Kaffeepflanzen finden sich rund um den Äquator, da es hier angenehm warm ist, jedoch nicht zu heiß.
2. Niederschlagsmengen
Kaffeepflanzen wachsen besonders gut bei hoher Luftfeuchtigkeit und regelmäßigem Niederschlag (ca. 1.500 – 2.000l pro qm), da die Pflanzen einen Großteil der benötigten Flüssigkeit über ihre Blätter aufnehmen. Wenn ausreichend Wasser vorhanden ist, können sich kräftig gefärbte Blüten ausbilden, die dafür sorgen, dass die Kaffeekirschen sich gut ausbilden – die Grundlage für hochwertigen und geschmackvollen Kaffee. Ist es zu regnerisch während einer Erntezeit, platzen die Kaffeekirschen auf, das Risiko für Phenol nimmt zu. Gibt es zu wenig Regen, dann fällt die Ernte schlechter aus, weil der Ertrag sinkt.
3. Bodengegebenheiten
Wie zu erwarten spielt die Begebenheit des Bodens eines Anbaugebiets eine besondere Rolle beim Kaffeeanbau. Kaffeepflanzen brauchen einen nährstoffreichen Boden und fühlen sich bei einem leicht säuerlichen ph-Wert zwischen 5 und 6 am wohlsten. Äthiopiens vulkanische Böden bieten weltweit mit die besten Anbaubedingungen. Hier gibt es außerdem eine weitere Analogie zum Weinanbau, denn auch beim Kaffee sprechen viele bei der Bodenbeschaffenheit vom terroir.
4. Lage
Ein weiterer wichtiger Faktor für den Anbau – und damit den Geschmack – ist die Lage eines Anbaugebiets. Die ideale Kombination aus Sonnenlicht und Niederschlag findet man an Hängen oder in Waldgärten, sodass hier besonders häufig Anbaugebiete angesiedelt sind.
Je höher ein Anbaugebiet beim Kaffeeanbau liegt, desto geringer ist die Temperatur dort im Durchschnitt. Diese Kombination sorgt dafür, dass die Kaffeekirschen langsamer wachsen und sich die Kirschen besser entwickeln können (ähnlich wie beim Wein). Die Aromen der Kaffeebohnen werden geschmacksintensiver und stärker. Kaffeepflanzen, die in Höhen ab 1000 Metern angebaut werden, nennt man “Hochlandkaffee”.
5. Vielfalt an angebauten Varietäten & Pflanzenwachstum in der Umgebung
Ein fünfter Punkt, der sich von Anbaugebiet zu Anbaugebiet unterscheidet und daher den Geschmack beeinflusst, ist die Vielfalt an angebauten Kaffeevarietäten, sowie das generelle Pflanzenwachstum in der Umgebung. Wachsen Kaffeepflanzen beispielsweise in einem Mischwaldbestand, dann können sich die verschiedenen Bäume und Sträucher gegenseitig vor Schädlingen schützen – was eine Verwendung von umweltschädlichen Düngemitteln und Pestiziden unnötig macht.
Kaffeekirschen reifen in einigen Gebieten, wie im äthiopischen Hochland, fast ein ganzes Jahr. Vom Pflanzen bis zur Ernte dauert es bis zu zehn Monate, in denen die Kirschen ihr ursprüngliches grün in ein gelb und abschließend in ein kräftiges rot verwandeln. Erst eine rote und reife Kaffeekirsche überzeugt im Rohkaffee mit Aromen. Wobei es auch Sorten gibt deren reife Kirschen gelb sind. Auch hier ist der Kaffeeanbau sehr individuell von Region zu Region.
Wo wird Kaffee angebaut?
Der Kaffeeanbau wird früher wie heute klar von Ländern und Anbaugebieten in Mittel- und Südamerika dominiert. Große Kaffeeproduzenten in der Region sind Brasilien, Kolumbien, Honduras oder Peru. Hier werden hauptsächlich Arabica-Bohnen angebaut, was dafür sorgt, dass Asien und Afrika einen Schwerpunkt auf den Anbau von Canephora -Bohnen (Robusta) legen. Vietnam, Indonesien oder Uganda sind bekannte Länder.
Kaffeeanbau in Mittel- und Südamerika
Fast ein Drittel der weltweiten Kaffeeproduktion kommt aus Brasilien, was das Land zum Weltmarktführer für Arabica und Robusta-Kaffee macht. Brasiliens Kaffee zeichnet sich durch eine nussige Note aus, wobei südamerikanische Kaffees generell sehr nussig und kakaolastig sind. “Ein Kaffee aus Honduras, Panama oder Kolumbien beispielsweise ist häufig deutlich fruchtbetonter, als Kaffees aus Mexiko oder Brasilien.”, weiß unser Barista Carlo.
Kaffeeanbau in Asien
Ein wichtigstes Land neben Indonesien in Asien, wenn es um den Anbau von Kaffee geht, ist ganz klar Vietnam. Vietnam ist größter Robusta-Produzent, wobei es hier von der Regierung nur eine begrenzte Fläche von ca. 630.000 Hektar gibt, die für den Kaffeeanbau verwendet werden darf – um dem Preisdumping aktiv entgegen zu wirken. Ein weiteres spannendes Land ist Indien, dessen Kaffee in der Vergangenheit immer einen sehr markanten, stark würzigen Geschmack hatte durch langanhaltenden Monsun und warme Winde.
Kaffeeanbau in Afrika
Äthiopien ist DAS Land des Kaffees. Die Wirtschaft des aromatischen Kaffees liegt hier überwiegend in der Hand von Kleinbauern. Auf Grund der vielfältigen Anbaugebiete, gibt es in Afrika die größte Vielfalt. Im Osten werden vor allem Arabica-Bohnen angebaut, während es im Westen ideale Bedingungen für Robusta-Bohnen gibt. Uganda und die Elfenbeinküste sind auf Platz zwei und drei der größten Kaffeeproduzenten aus Afrika. Kaffee aus diesen beiden Ländern liegen geschmacklich mit einem aromatisch-würzig-fruchtigem Schwerpunkt durch ihre geringen Säurewerte nah beieinander. Kaffee aus Kenia wiederum hat eine ausgeprägte leichte Würze und zeichnet sich durch eine starke Säure mit einigen Fruchtaromen aus. Fruchtige Nuancen zeigen sich auch im Kaffee aus Ruanda und Burundi.
In Europa können übrigens keine Kaffeepflanzen angebaut werden, da hier unter anderem das Wetter nicht konstant warme Temperaturen vorweisen kann. Kaffeepflanzen brauchen mehrere Jahre, bis sie ihre ersten Früchte tragen und man aus ihnen Kaffeebohnen gewinnen kann. Die Sommer in Europa sind dafür von den Temperaturen durchaus geeignet, jedoch sind die Winter zu kühl, als dass man Kaffeepflanzen wirtschaftlich sinnvoll hier anbauen könnte. Einzige Ausnahme bildet Gran Canaria.
Stereotype – und ihre Ausnahmen
Wie eingangs bereits erwähnt, gibt es einige Geschmacksprofile, die charakteristisch für eine Region und ihren dortigen Kaffeeanbau sind. Kaffee aus Äthiopien ist häufig floral, brasilianischer Kaffee hat eine nussige Note und einen Kaffee aus Kolumbien erkennt man an einem mild-beerigen Ton. Wie bei vielen Dingen im Leben, gibt es hier sogenannte Stereotype, also Geschmacksprofile, die typisch für ein Land oder eine Anbauregion sind. So wie nicht alle Skandinavier blond und blauäugig sind, sind aber auch beim Kaffee nicht alle brasilianischen Kaffees nussig oder alle Sorten aus Äthiopien floral.